Denn das Letztere stand noch heute auf unserer " to-do-Liste ", wir erarbeiteten uns einen guten Besichtigungsplan für die Tempelanlagen von Angkor Wat. Da hatten wir noch richtig was zu tun, denn es gibt nur wenige Orte der Erde, die dem überwältigenden Ausmaß der Bauwerke von Angkor Wat das Wasser reichen können. Das Areal, auf dem sich neben zahlreichen Tempelanlagen und Überreste der verschiedenen Hauptstädte der Khmer, auch dichte wunderschöne Wälder zu finden sind, breitet sich auf einer Fläche von über 400 Quadratkilometer aus. Diese Vielfalt an höchst interessanten archäologischen Bauwerken sind hauptsächlich dem König Yasoyarman I zu verdanken, denn er ließ riesige Bewässerungsanlagen bauen, die es dem Volk ermöglichten hohe landwirtschaftliche Erträge zu erzielen. Das bedeutet, genug Nahrung, dies führte zu Macht und Wohlstand und die Khmer ergriffen diese Chance und bauten Tempel und große Städte, das zog sich über einige Jahrhunderte hinweg
( so ca. vom 9 bis zum 13 Jahrhundert ) und mehrere Herrscher bauten die unterschiedlichsten faszinierenden Anlagen. Wir hatten drei Tage für diese gigantisch großen Tempelanlagen eingeplant und weil wir nicht am Ende " templed-out " sein wollten, galt es eben im Vorfeld einen guten Plan mit vielen Pausen zu entwerfen. Also gingen wir schon mal früh ins Bett, denn Morgen wollten wir bei Sonnenaufgang bereits in dem Komplex sein.
Unser Weg führte uns erneut am Bayon vorbei und endete dann im Ta Phrom, der seit dem Film Tomb Raider weltbekannt ist. Er wird auch als " Dschungel-Tempel " bezeichnet, da die von Bäumen und Pflanzen umwachsenen Ruinen nicht freigelegt wurden. Kurz vor Schließung der Anlage gewährte uns der Wächter noch Einlass, und dass war unser großes Glück, wir waren alleine und es herrschte eine traumhafte Stille, so dass der Zauber auf uns übersprang. Auf dem Weg zum Tempel ertönte dann plötzlich über uns eine gewaltige Geräuschkulisse - ne, nein nicht die Chinesen :-) - es handelte sich um das Zirpen der Zikaden. Wir liefen weiter und wir waren begeistert von dem, was unsere Augen erblicken durften : immer wieder sahen wir Gebäude mit riesigen Würgefeigen, welche die alten Mauern mit ihren kräftigen Wurzeln gleichzeitig sprengten und doch fest umklammerten – fantastisch ! Alles war perfekt - wir genossen und vergaßen die Zeit komplett. Von dem Wächter wurden wir dann aus unserer Welt gerissen, denn er suchte uns bereits, weil der Tempel seit über einer halben Stunde geschlossen war. Berauscht von den magischen Eindrücken radelten wir vergnügt nach Hause.
Das heißt, einen Stopp legten wir nochmals an den Toren von Angkor Wat ein, denn wir wollten die unbeschreiblich schöne Kulisse noch im Licht des Vollmonds sehen - es war umwerfend und Marek hat diesen Vollmond-Magie hervorragend in einem Foto einfangen können.
Der Tag hatte es ganz schön in sich, so tauschten wir unsere Erlebnisse am Pool, der in ein romantischen Licht des Vollmond getaucht wurde aus und gönnten uns noch ein leckeres Essen im hoteleigenen Restaurant, was für ein Tag !
Und täglich grüßt das Murmeltier .... wieder klingelte der Wecker um 4:00 Uhr ! Dieses Mal schafften wir es uns zu überwinden und schwangen uns, naja wir hievten uns eher in unsere Fahrradsättel und los ging es zum Haupttempel Angkor Wat, den wir bei Sonnenaufgang sehen wollten. Die frische Luft und die morgendliche friedliche Stimmung weckten uns sachte auf, während wir die 6 Kilometer bei Dunkelheit zum Tempel zurücklegten. Am Tempel waren wir dann fast alleine, nur eine Gruppe aus vier Touristen war bereits vor Ort. Wir suchten uns ein schönes Plätzchen auf einer Wiese vor einem kleinen Teich mit Blickrichtung auf den Tempel, der noch verborgen in der Nacht lag. Langsam füllte sich die Wiese mit Besuchern aus aller Herren Ländern, minütlich wurden es mehr und der Geräuschpegel nahm unangenehme Ausmaße an, vorbei war es mit der Ruhe und der Besinnlichkeit, es wurde wie wild geknipst und nur wenige waren sich wahrscheinlich wirklich bewusst, welches Heiligtum sich uns allmählich zeigte, während die Sonne langsam seinen Weg am Himmel fand.
Ich hatte das Glück keine Fotos schießen zu müssen, denn das übernahm heute Morgen Marek ganz alleine, so konnte ich mich ganz dem atemberaubenden Schauspiel widmen. Der Himmel färbte sich langsam stahlblau und ich konnte die Konturen der fünf Türme in Form von Lotusblüten haarscharf sehen, diese wunderbare Kulisse spiegelte sich dann auch noch in dem Teich - sensationell. Allmählich färbte sich der Himmel orange und die Sonne blinzelte über das Meisterwerk der Baukunst - es war schwindelerregend schön und ich hatte eine Gänsehaut ! Fasziniert blieben wir am Teichufer sitzen und staunten.
Langsam kamen wir mit unseren Gedanken wieder zurück auf die Wiese und stellten freudig fest, dass wir so gut, wie alleine waren – super ! So beschlossen wir, obwohl wir müde und hungrig waren, die Gunst der frühen Stunde zu nutzen, um den Tempel zu besichtigen. Dieser Haupttempel ist weltweit einer der größten religiösen Stätten und ist bis heute einer der besten erhaltenen Tempel der Region Angkor. Nun kurz eine kleine Zusammenfassung : der König Suryavarman II lies Angkor Wat als Tempel und Mausoleum im 12.Jahrhundert errichten, er gehörte dem Vishnuismus an und deshalb war Angkor Wat anfangs eine Verehrungsstätte des Gottes Vishnu. Erst später, im 13.Jahrhundert, als unter dem König Jayavarman VII der Buddhismus Einzug ins Land hielt, wurde Angkor Wat in einen buddhistischen Tempel umgewandelt. Besonders eindrucksvoll sind die Flachreliefs an den Wänden, die Szenen des Königs Suryavarman II und seine Kriegszüge, sowie Szenen aus dem Hinduismus darstellen. Sie erzählen quasi ganze Geschichten in einer Art Comic, die wir versuchten zu interpretieren. Viel mehr waren wir aber von der sagenhaften Arbeit, d.h die Präzision der gemeißelten Bilder und das hohe Niveau der Kunst überhaupt fasziniert, es waren 3D Bilder - unglaublich, was die Menschen hier an die Wand gezaubert haben. Grandios fanden wir die in Stein gehauenen Apsaras, das sind Figuren von barbusigen Tänzerinnen, alle sind unterschiedlich und wunderschön ! Wir verbrachten einige Stunden im Tempel ( mit nur ganz wenigen Touristen :-) ), vor allem in den Galerien, deren Wände von den traumhaft schönen Reliefs geschmückt sind und bewunderten die spitzenmäßigen Zeugnisse der Vergangenheit der Khmer. Anschließend radelten wir wieder zurück ins Hotel, um hungrig über das ausgezeichnete Frühstück herzufallen.
Danach kühlten wir uns im Pool ab und überlegten, welche Tempel wir noch am Nachmittag besichtigen wollten. Wir entschieden uns für die große Tour, allerdings stiegen wir nun auf das Tuk Tuk um, denn zu sehr schmerzte uns der Hintern von den unbequemen Sätteln der viel zu kleinen Fahrräder. Unser Fahrer holte uns vor dem Hotel ab und wir zeigten ihm dann, welche Anlagen er anfahren sollte, natürlich wieder antizyklisch zu den anderen Besuchern und dieses Mal klappte auch unsere Strategie und wir waren fast immer alleine – jipii ! Folgende Schmuckstücke haben wir aus der Fülle der Tempel ausgewählt : Prasat Kravan, Banteay Kdei, Sras Srang, Pre Rup, East Mebon, Ta Som, Neak Pean und Preah Khan. Jeder Tempel war einzigartig hatte etwas Besonderes zu entdecken. Mittlerweile war es bereits Abend und es wurde langsam dunkel und wir hatten nun wahrlich genug Tempel gesehen, so fuhren wir zu unserem Hotel, plantschten eine Runde im Pool und mussten erstmal die ganze Pracht der heutigen Erlebnisse Revue passieren lassen, es ist unglaublich, wie die Menschen in der damaligen Zeit ohne maschinelle Hilfe solche Wunderwerke errichten konnten !
An unserem letzten Tag in Angkor besuchten wir Tempel, die etwas weiter entfernt von unserem Hotel lagen, weshalb wir für diese Tour ein Auto mit Fahrer mieteten. Nach dem Banteay Samre war der Banteay Srei, der sich ca. 30 Kilometer nordöstlich von Siem Reap befindet, unser begehrtes Ziel. Der kleine Tempel hebt sich mit seinem rosafarbenen Sandstein von dem ihn umgebenden grünen dichten Wald ab, er erstrahlt wie ein unwirklicher Feenpalast. Er wurde mit besonders schönen und tiefen Reliefs dekoriert, die überall zu sehen waren. Ständig entdeckten wir ein neues wunderschönes Bild und mussten es bildlich festhalten, da kann man sich ja vorstellen, dass uns eine Auswahl der Bilder für die Homepage ziemlich schwer fiel :-) !
Nochmals weitere 40 Kilometer legten wir zum nächsten Tempel, dem Beng Maelea zurück. Auf dem Weg dorthin fuhren wir durch eine recht monotone Landschaft, lichte Wälder und Reisfelder wechselten sich ab. Spannend hingegen war zu sehen, wie die Einheimischen hier leben. Einfache Hütten, die von Pfeilern getragen werden, die aus einem Zimmer bestehen. Gekocht wird vor dem Haus auf einem holzgefeuerten Herd. Die Bewohner sitzen und liegen in ihren Hängematten unter ihrem schattigen " Haus ". Es herrschte eine fast unerträgliche Hitze und überall war der unglaublich feine rote Sandsteinstaub. Die Häuser hatten keine Elektrizität und auch kein fließend Wasser ! Überall sprangen nackige Kinder mit zerzausten Haaren und dreckiger Kleidung durch die Gegend und spielten. Bei diesen Bildern wurde uns bewusst, wie arm dieses Land eigentlich ist, das vergisst man gerne in Anbetracht der grandiosen Tempelanlagen. Der Beng Maelea Tempel ist ein weiterer spektakulärer Tempel, der für den langen Anfahrtsweg auf alle Fälle entschädigt. Obwohl er mehr einer Ruine gleicht, ist dieser Ort, der noch mehr als Ta Prohm vom Dschungel buchstäblich verschluckt wurde, eine Sehenswürdigkeit ohne Gleichen. Der Zentralturm ist völlig eingestürzt und liegt als riesiger Steinhaufen in den noch zum Teil gut erhaltenen Galerien, deren quaderförmige Steinklötze mit hellgrünem Moos überzogen sind, überall sind Würgefeigen am Werk und verleihen dem Tempel einen grandiosen und wilden " Indiana-Jones-Look ". Wir kraxelten über die Steinhaufen und entdeckten dabei immer wieder erstaunlich gut erhaltene Steinmetzarbeiten, wir kamen uns vor, wie auf einer Schatzsuche - es war spitze !!
Nach diesem tollen Besuch machten wir uns auf den Rückweg und schauten uns dabei noch die Roluos Gruppe an, drei Tempel, die uns nach den bereits gesehenen Wundern nicht mehr von den Socken hauten. Einen kleinen Stopp machten wir noch am Angkor Wat, um ihn auch noch im warmen Licht des Abends bewundern zu können, und wieder waren wir von dem überwältigenden Anblick gerührt. Nach einem langen und wundervollen Tag kehrten wir müde und geschafft zu unserem Hotel zurück und ließen den Tag mit unserem mittlerweile üblichen Programm : in den Pool springen, den Vollmond betrachten, Kniffelspielen und Abendessen gemütlich ausklingen.
Nach drei Tagen geballte Ladung an einzigartigen Tempeln fuhren wir wieder mit demselben Busunternehmen zurück nach Bangkok und checkten um 18:00 Uhr in unserem Lieblingshotel " Chatrium " für die nächsten ( und letzten 11 Nächte ein ).
Am Ende dieses Berichtes möchte ich noch ein paar kritische Gedanken loswerden. Die magische Stätte wird von Millionen von Besuchern quasi buchstäblich überrannt, überall sind sie mit Sonnenhüten und Sonnenschirmen, um sich vor den heißen Strahlen zu schützen. Alle paar Meter bleiben sie stehen und machen mit ihren Smartphones und Tablets Fotos und Selfies. Überall hören wir das Klicken der Auslöser und die Stimmen der Touristenführer, die in allen erdenklichen Sprachen faszinierende Fakten und Geschichten zu den Bauwerken wissen. Die großen Gewinner dieser Entwicklung sind die kambodschanischen Verkäufer, indem sie alles Mögliche zum Verkauf anbieten. Oder sie machen ein sehr lohnendes Geschäft mit einem Pferd vor dem Tempel, auf welches sich die Touristen setzten können, dann bekommen sie noch einen Cowboyhut auf den Kopf und fertig ist das Erinnerungsbild ( kitschiger und doofer geht´s wohl nicht mehr ! ), ABER es sichert dem Anbieter ein sehr lukratives Einkommen. Die Anlage ist diesem enormen Menschenmassen nicht gewachsen, die Grundmauern der Tempel werden immer unstabiler, an den Wänden verewigen sich Besucher mit Graffiti ( wie doof kann man denn sein ? ) und wo bleibt da noch die Spiritualität und die Ruhe ? Glücklicherweise unternimmt die Regierung bereits schon einiges, so hat sie zum Beispiel Wachmänner engagiert, damit keine Graffiti mehr gepinselt werden können oder es dürfen nur noch eine begrenzte Anzahl von Besuchern auf den Hauptturm des Angkor Wat Tempels. Des Weiteren wird im Moment auch diskutiert keine Touristenbusse mehr in den Park zu lassen, das würde bedeuten, dass die Besucher laufen müssen, mit dieser Maßnahme versprechen sich die Verantwortlichen, dass Angkor wieder zu einem spirituellen Ort wird. Es ist uns klar, dass auch wir zu den Touristen zählen und zu diesen Zerstörungen beitragen. Uns unterscheidet allerdings, dass wir diese Meisterwerke ruhig und respektvoll betrachten. So glaube ich, dass es zukünftig sehr wichtig ist, dass empfindliche Orte, wie Angkor, mit mehr Respekt besucht werden sollten, und dass nicht mit jedem lausigen Einfall Geld verdient werden muss. Gilt zu hoffen, dass die schönen Tänzerinnen nicht weiter bröckeln und nachkommende Generationen diesen Schatz der Menschheit bewundern dürfen.