Die pulsierende Metropole Hong Kong stand eigentlich nie auf unserer Reiseroute. Erst im Laufe der Zeit kristallisierte sich heraus, dass Hong Kong für uns ein bedeutendes Ziel mit einem bestimmten Zweck darstellte: die Wahrscheinlichkeit hier ein Touristen-Visum für China zu bekommen, war von allen weiteren Möglichkeiten die wahrscheinlichste. Das Reich in der Mitte stellten wir uns als eines der besonderen Highlights unserer Reise vor, dass wir unbedingt besuchen wollten, und so kam es, dass wir uns mitten in dieser quirligen Stadt wiederfanden. Hong Kong gehört bereits zur Volksrepublik China, doch da die Stadt eine Sonderverwaltungszone ist, können wir hierher auch ohne Visum reisen. Im Nachhinein betrachtet, sind wir sehr froh, dass uns diese oben beschriebene Gegebenheit an diesen sagenhaften Ort verschlagen hat, denn Hong Kong ist es auf eine sehr faszinierende Art und Weise gelungen, Ost und West, Vergangenheit und Moderne, Tradition und Kommerz miteinander charmant zu verschmelzen ! Auf den Straßen geht es hektisch zu und alles scheint immer in Bewegung, wir sahen die unterschiedlichsten Menschen aus so gut wie fast allen Ländern der Erde mit den verschiedensten Zielen und Aufgaben, alles floss harmonisch nebeneinander – grandios !!! Diesen Gegensätzen begegneten wir jeden Tag aufs Neue in den uns überwältigenden tiefen Straßenschluchten, beim Beobachten und Abtauchen in das alltägliche Leben und Treiben der Stadt und wir entdeckten ständig neue spannende Szenen, es war toll ! Bereits an unserem ersten Tag als wir uns auf den Weg zur Reiseagentur "China Travel Service" machten ( dort hofften wir unsere Visa zu bekommen ), boten sich unseren weit gereisten Augen Situationen, die wir eigentlich als Bilder aus einer anderen Welt erachteten : riesengroße Hochhäuser, überall in einer Masse und Wucht, wie man es nur fühlt, wenn man als kleiner Mensch in ihren Schluchten steht, schattig ist es am Boden, denn die Sonnenstrahlen werden von den Betonklötzen zurückgehalten, nur ab und zu blinzelt die Sonne über die weit oben liegenden Flachdächer. Mit dem Kopf weit im Nacken bestaunten wir die Riesen – unglaublich ! Langsam wanderte unser Blick an den nicht enden wollenden Fassaden nach unten, den zahlreichen Klimaanlagen folgend bis wir das geschäftige Treiben auf den Straßen erblickten. Wir sind im historischen Viertel Sheung Wan - dort ist auch unser Hotel Ibis - und hier scheinen die Spuren des alten Hong Kongs noch erhalten zu sein : an den engen Straßen sind links und rechts unzählige chinesische Läden zu finden. Sie bieten die unglaublichsten Dinge zum Verkauf an, das normalste sind die Kräuter der chinesischen Medizin, weiter zu Haifischflossen und Vogelnestern bis hin zu skurrilen Dingen, die wir auch beim genaueren Hinschauen nicht definieren konnten - ist vielleicht auch besser so ! Früh am Morgen wurden alle diese Läden beliefert und es herrschte eine sehr quirlige und geschäftige Atmosphäre. Wir waren fasziniert von dem Anblick der mit Waren schwer beladenen Schubkarren, die von schwitzenden Chinesen geschoben und dann in Teamarbeit entladen wurden - wieder ein Stück Vergangenheit :-). Und was entdeckten wir in fast jedem Laden ... ! ?
Heute besuchten wir den Teil Hong Kongs, der auf dem Festland liegt, Kowloon. So mussten wir zunächst mit einer Fähre den Victoria Harbour überqueren, um auf die andere Seite zu gelangen. Welche Fähre wäre besser geeignet, als die legendäre Star Ferry, die seit 113 Jahren den Hafen durchkreuzt. So fanden auch wir uns auf der schaukelnden weißgrünen Doppeldeckerfähre wieder, ließen uns den Wind um die Nase wehen und genossen den Ausblick auf die Wolkenkratzerberge, die vom Meeresspiegel aus noch gigantischer anmuteten.
Das Wetter und die Sicht waren sehr gut, so wollten wir als erstes die Aussicht von oben betrachten, also nichts wie hin zum höchsten Gebäude Hong Kongs, das 393 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Ganz zu unserer Freude befindet sich im 100. Stockwerk des Internationalen Commerce Centers ganz oben eine Aussichtsplattform - die Sky100 ! Von diesem Observationsdeck bot sich uns ein phänomenaler 360-Grad-Blick aus der Vogelperspektive und eine unglaublich schöne Aussicht auf das wuselige Treiben im Victoria Harbour, auf Hong Kong Island, auf die Halbinsel Kowloon, auf riesige Baustellen und gigantische Brücken. Egal wo wir hinschauten, überall waren wir von der Aussicht fasziniert. Leicht beflügelt flogen wir im wahrsten Sinne des Wortes in einer Wahnsinns-Geschwindigkeit - 60 Sekunden für knapp 400 Meter !! - wieder nach unten.
Anschließend wollten wir gemütlich zu der nahgelegenen Shopping Straße, zur Nathan Road, spazieren. Das hätte eigentlich auch kein Problem dargestellt, wenn da nicht die gigantisch große Baustelle gewesen wäre, denn so mussten wir ein riesiges Gebiet umlaufen und wir stießen immer wieder auf Sackgassen und mussten umdrehen und einen anderen Weg finden. Das war doch etwas anstrengend, dennoch wurden wir durch phänomenale Ausblicke auf die mehr als riesige Baustelle belohnt. Ein Einheimischer informierte uns darüber, dass hier ein riesiger unterirdischer Bahnhof gebaut würde, so mit allem was dazu gehört: Hotels, Shopping Malls, Restaurants, .... - also ein zweites Stuttgart 21, allerdings in der XXXL Version. Endlich hatten wir die populärste Einkaufs- und Flaniermeile erreicht, wir fanden sie allerdings nicht wirklich beeindruckend, da wir nicht in Shopping Laune waren, so spazierten wir relativ zügig an den unzähligen Einkaufsparadiesen vorbei, bis wir wieder das Ufer des Victoria Harbours erreichten. Dort erwartete uns die schöne Tsim Sha Tsui Uferpromenade, die als Fußgängerzone ausgezeichnet ist und uns einen atemberaubenden Ausblick auf die Skyline von Hong Kong eröffnete. Direkt an dieser Promenade schließt die „ Avenue of Stars “ an, quasi eine Art Pendant des berühmten „ Walk of Fame “, allerdings nur zu Ehren von einheimischen Filmstars, wie Bruce Lee und Jackie Chan. Das waren allerdings auch die einzigen Schauspieler, die wir kannten, alle anderen waren uns fremd und wir amüsierten uns eher an den vielen asiatischen Touristen, die von allem und jedem Bilder knipsten, aber immer mit ihrem Gesicht in einer "coolen" Pose – verrückt !! Allmählich wurde es dunkel und der Anblick der spektakulären Hochhäuser veränderte sich. Wir konnten unsere Blicke nicht abwenden und bewunderten die Fassaden als sie in den unterschiedlichsten Neon Tönen zu leuchten begannen, fast minütlich änderte sich der Anblick – Spitze ! Als Höhepunkt versprach man uns eine tolle mit klassischer Musik untermalte Lasershow, na ja, wir fanden sie eher schlecht als recht ! Die Laser waren vier oder fünf Linien am Himmel und die Musik war kaum zu hören. Das war uns aber auch soweit egal, denn wir fanden die Skyline und die leuchtenden Fassaden fantastisch. Zufrieden und happy machten wir uns auf den Heimweg und waren froh im Hotel endlich die Füße hochlegen zu können, denn wir waren mal wieder einige Kilometer auf den Beinen.
Nach drei Tage Stadt und Hektik wollten wir heute mal unbedingt wieder raus in die Natur. So planten wir für den Nachmittag einen Ausflug auf die vorgelagerte Insel Lantau, aber zunächst gönnten wir uns ein leckeres westliches Frühstück im Starbucks. Eigentlich sind wir keine Starbucks Freunde, was unterschiedliche Gründe hat, die ich aber an dieser Stelle nicht diskutieren möchte, dennoch waren wir froh, endlich mal wieder ein leckeres Müsli in angenehmer Atmosphäre essen zu können. Gut gestärkt machten wir uns dann auf den langen Weg zur Insel: zuerst mussten wir mit der Fähre von Hong Kong Island nach Lantau fahren, das dauerte gut 45 Minuten und von dort ging es dann weitere 45 Minuten mit dem Bus weiter. Bevor wir in den Bus steigen konnten, gab es allerdings noch einen kleinen nervenaufreibenden Zwischenfall : es ist üblich, dass man das Fahrgeld für den Bus passend parat hat und beim Einsteigen in den dafür bereitgestellten Korb beim Fahrer legt, das wussten wir nicht. Ungeschickterweise hatten wir es natürlich nicht genau, so fragte ich höflichst, ob es ausnahmsweise möglich wäre, uns das Wechselgeld zurückzugeben oder ob wir gleich den Rückfahrschein erwerben könnten, denn dann hätten wir den passenden Betrag. Doch wir trafen wohl auf den unfreundlichen Busangestellten ganz Hong Kongs ! Er gab uns keine Antwort und würdigte uns nicht einmal eines Blickes, sondern fuhr uns mit bösen Worten an und untermauerte sein fast schon freches Verhalten mit einer sehr gering schätzenden Handbewegung. Da brannten bei mir die Sicherungen durch, so nicht sagte ich zu mir und wies ihn auf etwas mehr Freundlichkeit hin, immer noch versuchte ich höflich zu sein. Er wiederum wurde in seiner Art noch unverschämter und gestikulierte wie bekloppt herum, was aber keinen weiterbrachte ! Alles half nichts, wir mussten 30 Minuten auf den nächsten Bus warten, so hatten wir wenigstens Zeit genug, die passende Summe zu besorgen und ich schaffte es mich dann auch von diesem Schock zu erholen. Ich habe mich tierisch über das mehr als unfreundliche Verhalten des Mannes aufgeregt und musste mich erstmal beruhigen und das brauchte seine Zeit ! Wenn ich eines nicht ausstehen kann, dann ist es diese Art von Unfreundlichkeit ... ruhig Ella ! Aufgrund des Intermezzos erreichten wir erst am späten Nachmittag unser Ziel, die Tian Tan Buddha Statue beim Po Lin Kloster. Unserer erste Begegnung mit der Statue war doch sehr beeindruckend : wir stiegen aus dem Bus aus, ich drehte den Kopf in alle Richtungen und fragte Marek, in welcher Richtung denn das Kloster sei, da erblickten wir beide fast gleichzeitig den riesengroßen sitzenden Buddha ( der nun wirklich nicht zu übersehen ist ! ) und kamen aus dem Staunen und Lachen fast nicht mehr heraus !
So, die Stunde der Wahrheit rückt näher, denn heute um 13:00 Uhr können wir unsere Visa abholen – vielleicht !!! Ganz oft konnten wir im Internet nachlesen, dass es quasi unmöglich ist, das China Visum außerhalb des Landes, indem man wohnt, zu beantragen. Wir hoffen, drücken die Daumen und sind etwas angespannt !!! Überpünktlich sind wir beim Reisebüro und warten aufgeregt .... ! Dieselbe Dame, die unseren Antrag in Empfang genommen hatte, bediente uns erneut. Nach einem freundlichen und Mut machenden Hallo war sie sehr lange im hinteren Bereich des Büros, wir dachten schon " zu lange ", wahrscheinlich werden wir das Visum nicht bekommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam sie wieder, mit unseren Pässen in der Hand zurück und übergab uns diese mit den Worten " check please, if everything is o.k.! ". Aufgeregt nahmen wir unsere Pässe in Empfang und erblickten voller Freude unsere Visa - wir können es zunächst nicht richtig begreifen, aber dann kam die Freude über uns - jipiii jeah !!! China wir kommen :-) ! Bisher hatten wir unsere Reise nach China nicht wirklich geplant, weil wir nicht mit einem Visum rechneten, jetzt war die Freude umso größer, und wir hatten plötzlich somit auch einen riesigen Berg an Vorbereitung vor uns : nun hatten wir die Aufgabe uns zu überlegen, welche Regionen wir bereisen wollen und welche Sehenswürdigkeiten wir in welcher Reihenfolge besuchen möchten. Eigentlich wollten wir zunächst mit dem Zug nach Guilin fahren, um dort eine einzigartige Naturschönheit, die bizarren Kegelkarst Berge zu bestaunen. Also rasch zu einem Büro des China Travel Services ( CTS ), denn nur hier kann man Zugtickets erwerben, mit Reisepass und Visum. Das klappte nicht, denn alle Züge in den kommenden Tagen waren bis auf den letzten Platz ausgebucht ! Kann das sein, fragten wir uns oder treffen wir hier schon auf eine leichte Anwandlung der Fremdenfeindlichkeit, die den Chinesen oft nachgesagt wird oder ist es wirklich die Wahrheit. Da zurzeit Ferien in China sind, hofften wir, dass das zweite die richtige Erklärung war. Spontan wie wir nun eben sind, stellten wir unsere Reiseroute um und beschlossen als erstes Ziel in China Shanghai zu entdecken und glücklicherweise bekamen wir hierfür sogar noch zwei „ Softsleeper “ - Tickets für den Nachtzug zu unserem bevorzugten Datum, also übermorgen. Wir beide sind extrem gespannt auf China, das Land und die Leute und freuen uns sehr. Noch sind wir in Hong Kong und wir nutzten diese Tatsache für den Rest des Tages, denn wir fuhren nochmals mit dem Bus in den Süden der Hauptinsel, zum Stanley Beach. Dieser Strand soll sehr beliebt und schön sein und außerdem hat er auch einen schönen Markt zu bieten. Der Strand hat uns nicht wirklich überzeugen können, dennoch war es schön mal wieder den Sonnenuntergang am Meer zu erleben und sich eine erfrischende Meeresbrise um die Nase wehen zu lassen. Im Anschluss spazierten wir noch durch den charmanten Markt und entlang der gemütlichen Bucht. Wieder in Hong Kong zurück bereiteten wir unsere To-Do-Liste für Shanghai vor und das war´s für heute.
Im Allgemeinen erlebten wir Hong Kong auf eine vielfältige und bereichernde Art und Weise. Zum einen die hektische und geschäftige Mega-Stadt mit ihren unglaublich großen Wolkenkratzern auf engstem Raum, die sich entlang von Urwald bewachsenen Berghängen in die Höhe ziehen, der wahnsinnige Ausmaße annehmende Kommerz und die Geldgeschäfte und andererseits das alte Hong Kong mit seinen unglaublichen filmreifen Straßenszenen und den ruhigen Orten an anderen Stellen der Inseln. Hong Kong hatte für uns sehr viel zu bieten .... und so war der Umstand mit der Visumbeschaffung ein Segen für uns.
Sicherlich werden sich einige, ebenfalls weit gereiste fragen, warum fliegen sie denn nicht, ist doch günstig und wesentlich schneller. Die Antwort ist ganz klar und schnell formuliert, ich mag es mittlerweile gar nicht mehr auf dem engen Raum, wie eingesperrt, einem Piloten und den Launen der Natur in Form von Turbulenzen ausgeliefert zu sein, ohne im Fall des Falles selbst eingreifen zu können. Kurz und knapp, es beschleicht mich eine Form der Flugangst, da bevorzuge ich gerne jedes andere Verkehrsmittel. Des weiteren möchte ich im Vorfeld schon erwähnen, dass eine Fahrt mit dem Nachtzug in China, das Reiseerlebnis in diesem Land unglaublich bereichert. Aber zunächst möchte ich vom Einchecken und Einsteigen berichten, denn das war bereits auch schon spannend. Der Ablauf war sehr geordnet und wir durften erst ca. eine Stunde vor Abfahrt des Zuges durch die streng organisierte Sicherheitskontrolle, um in den Warteraum zu den Bahnsteigen zu kommen. Die Schlange war recht groß und es dauerte echt lang bis wir endlich gecheckt wurden, das Gepäck musste durch einen Scanner, die Pässe und das Visum wurden genauestens überprüft. Dann mussten wir wieder warten, denn erst 20 Minuten vor Abfahrt durfte man in den bereits warteten Zug einsteigen. Im Warteraum ergatterten wir noch einen der letzten Sitzplätze, das war angenehm, denn viele andere Mitreisende mussten stehen. Marek musste kurz auf die Toilette und stand auf, kaum war sein Sitz frei, stürmte ein kleiner Chinesenjunge, so ca. fünf Jahre alt auf "Mareks Platz". Das geht ja gar nicht, dachte ich mir in Anbetracht der Höflichkeit, er hätte doch wenigstens mal fragen können, oder seine Eltern, oder noch besser seine gebrechlichen mitreisenden Großeltern ( denen beiden wollten wir sowieso unsere Plätze anbieten ) hätten doch wenigstens den Sitzplatz bekommen sollen. Aber alles schien für alle in Ordnung so, nur für mich nicht ! Da niemand Englisch konnte, gab ich per Handsprache zu verstehen, dass dies der Platz meines Ehemanns sei und schob den Jungen bestimmend zur Seite. Mit dieser Aktion traf ich auf Unverständnis seitens der Eltern und auch der Großeltern und ich dachte dabei mein Handeln wäre "gut". Das ist wohl bereits ein kleiner Vorgeschmack auf die anderen Werte und Sitten in China oder es liegt an der Ein-Kind-Politik, und wenn dann dieses Kind auch noch ein heißbegehrter Junge ist, lebt er wie Gott in Frankreich, oder auch verwöhnt bis hinter die Ohren, mit diesen beiden Tatsachen sahen wir uns in den nächsten Wochen noch öfter konfrontiert !
Dann war es Zeit und wir durften in unseren Zug einsteigen, die ganze Prozedur lief sehr ruhig und geordnet ab, wir fanden unseren Wagen problemlos und ein freundlicher Zugbegleiter zeigte uns den Weg zu unserem Abteil. Kaum saßen wir richtig und hatten uns mit unseren Mitreisenden, beides Chinesen, die kein Englisch sprachen, bekanntgemacht, da setzte sich der Zug auch schon in Bewegung. Irritiert blickte ich auf die Uhr, vier Minuten zu früh, haben wir es eilig ? Immerhin saßen wir in einem Zug der T-Klasse, das T steht für einen Schnellzug, allerdings stammt das noch aus der Vergangenheit der 80iger Jahre, wir fanden uns eher in einem gemütlichen Bummelzug wieder, das war auch gut so, denn Entschleunigung war für die nächsten 18 Stunden angesagt. Der erste Blick in unseren "Weich-Liegen-Abteil" ( Soft-Sleeper ) war sehr spannend, wir sahen weiße Vorhänge, ein weißes Tischtuch, eine künstliche Blume in einer Vase und einen riesigen Thermoskrug mit heißem Wasser, die Betten waren bereits überzogen und jeder von uns bekam zwei Kissen und eine kuschelige warme Decke - perfekt und viel besser als erwartet ! Kaum hatte der Zug etwas Fahrt aufgenommen, kam Leben in den Wagen, Mitreisende schlurften durch die Gänge und Händler mit großen Körben boten ihre Waren an. Wir waren die einzigen Fremden im gesamten Zug und konnten uns leider nicht mit den anderen unterhalten, so versanken wir in unsere Welt, wir lasen oder schauten zum Fenster hinaus: Landschaften glitten vorbei, namenlose Orte, hässliche Industrieanlagen und liebliche Reisfelder - wir sind im geheimnisvollen China – jipiii ! Gegen Abend kam wieder Leben auf, da es Zeit für das Abendessen war. Fast jeder schlürfte eine Suppe aus den bunten und runden 5dl Kartonbechern. Diese Fertigsuppen gibt es in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen, so gaben wir uns auch dem kollektivem Suppen schlürfen hin. Wir hatten uns bereits im Vorfeld mit genügend Suppenbechern eingedeckt und vom Boiler, der an jedem Ende eines Wagens steht, holten wir uns heißes Wasser, dann 10 Minuten warten und fertig war der Gaumenschmaus, der hier im Zug köstlich schmeckte. Marek aß seine Suppe mit Hühnchengeschmack fast schon wie ein eingefleischter Chinese, denn Suppen werden in China nicht gegessen, sondern getrunken, d.h. den Becher ganz nah an den Mund und alles schmatzender Weise einsaugen, ich hingegen muss an meiner Technik noch etwas feilen ! Mittlerweile ist es Nacht geworden und wir bezogen unsere Betten. Fazit: ganz gemütlich, vielleicht ein bisschen hart, aber das gleichmäßige Ruckeln des Zuges schaukelte uns schnell in einen leichten Schlaf. Relativ rasch verging die Zeit bis zum nächsten Morgen, den wir mit einem Instantkaffee im Bett begrüßten und schon kam das Personal und räumte die Tische auf und leerte die Mülleimer, also lange konnte die Fahrt nicht mehr dauern. Fast pünktlich erreichten wir Shanghai( übrigens 1200 km Luftlinie von Hong Kong entfernt ), wir schnappten unser Gepäck, stiegen aus und schnupperten die chinesische Luft. Viel betrachten und aufnehmen konnten wir allerdings in den ersten Minuten nicht, denn wir wurden von einer riesigen Menschenmasse gedrängt, geschupst und mit Ellenbogeneinsatz auf die Seite gestoßen - wir waren geschockt !!! Jeder wollte als erstes durch die Passkontrolle und alle scheinen es super eilig zu haben, was geht denn hier ab, fragten wir uns verdutzt !! Im Vorfeld unserer China Reise wurden wir öfters von Bekannten auf das " Sie-wissen-nicht-wie-man-sich-anstellt "- Problem hingewiesen, aber diese Situation sprengte unsere Vorstellungskraft komplett !!! Irgendwann gelangten auch wir zur Kontrolle und wurden sehr nett empfangen und bekamen unsere Stempel, jetzt dürfen wir 30 Tage lang durch China reisen - wir sind gespannt !
( das entspricht ungefähr einem Viertel der gesamten deutschen Bevölkerung !!!! ), zurecht finden. Das war in der Tat eine echte Herausforderung, alles war uns fremd und die Hinweisschilder waren alle auf Chinesisch und wir fanden keine Person, die uns auf Englisch antworten konnte. Dennoch fanden wir unseren Weg und gelangten zur Metro, schafften es herauszufinden, mit welcher Bahn wir wie viele Stationen fahren mussten und es gelang uns dann auch noch ein Ticket zu lösen und das Bahngleis zu finden. Das Ganze in einer unglaublichen Masse drängelnder Chinesen, das war echt grenzwertig. Endlich kam die Bahn und wir stiegen erleichtert ein, geschafft dachten wir und durchatmen, aber mit uns wollten auch noch viele andere rein, es wurde gedrückt und geschoben wir verrückt, ich konnte es nicht glauben, was sich vor meinen Augen abspielte und selbst heute, während ich die Zeilen schreibe, kommt mir diese Situation komplett unmenschlich vor : ohne Rücksicht wurde gedrückt und gequetscht und selbst auf kleine Kinder wurde keinerlei Rücksicht genommen. Erst als ein Kind eingeklemmt wurde, d.h. der Kopf war im Wagen, der Rest des Körper hing über dem Gleis, zeigten die Chinesen menschliche Züge und halfen dem Jungen - so was von krass, ich bin immer noch geschockt !!! Nach einer Stunde waren uns diese rücksichtslosen Menschenmassen bereits zu viel und wir froh, als wir unser recht nettes City Hotel Shanghai erreichten und ein paar Momente verschnaufen konnten. Das Zimmer war typisch chinesisch gestaltet, nicht besonders sauber, etwas nach Zigarettenrauch muffelnd ( ist allerdings ein Nichtraucher Hotel !! ) aber immer eine volle Minibar mit Alkohol !
Erholt und neugierig machten wir uns dann auf die Stadt zu entdecken. Die Lage unseres Hotels war sehr günstig und so konnten wir die meisten Sehenswürdigkeiten leicht zu Fuß erreichen. Das war auch gut so, denn die Gegensätze dieser Stadt erlebten wir somit hautnah : Alt und Neu, chinesisch und westlich, ländlich und urban, altkommunistisch und kapitalistisch. An dieser Stelle möchte ich noch unbedingt die schlechten Möglichkeiten des Internetzugangs erwähnen. So konnten wir zum Beispiel unsere Informationen für die Reise nicht über Google abrufen, das funktionierte überhaupt nie. Auch mit Gmx und WhatsApp gab es immer wieder Probleme und nur mit Hilfe einer VPN-App ( z.B. " Tunnelbear " für iOS ) konnten wir das zensierte Kommunikations- und Informationssystem hin und wieder überlisten, aber das war schon sehr mühsam und erschwerte uns die Reisevorbereitungen sehr. Manchmal fühlten wir uns auch sehr abgeschottet von der Außenwelt und von unseren Lieben, da kam doch hin und wieder etwas die Sehnsucht nach etwas Vertrautem, nach zu Hause auf ! Glücklicherweise funktionierte „booking.com“ und wir wichen auf das Suchmaschine Bing aus, das half uns zumindest ein bisschen weiter. Unter dieser Zensur in China zu leben, warf bei uns einige kritische Fragen auf, die lange Gespräche mit sich zogen. Klar waren wir uns dieser extremen Einschränkungen bewusst, aber es dann selbst zu erleben ist nochmals eine andere Liga ! Nun aber wieder zurück zu Shanghai und unserer Sightseeing Tour. Die Hafenstadt ist eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt, dementsprechend groß ist auch die Vielfalt an Sehenswürdigkeiten. Wir begannen mit einer ruhigeren Tour in dem ehemaligen französischen Viertel " French Concession ", denn dieses romantische und schicke Viertel mit seinen netten Cafés und stilvollen Restaurants ist eine gute Rückzugsmöglichkeit aus dem Trubel der Stadt und genau das war uns auch das liebste, um behutsam China und auch die Metropole mit seinen vielen Menschen kennen zu lernen. So schlenderten wir gemütlich durch die schattigen Alleen und entdeckten einige kreative und schöne Kleinigkeiten und wir fühlten uns eigentlich nicht wie in einer Mega-City. Unser Ziel war das Viertel Xintiandi, eine riesige Fußgängerzone umrandet von wundervoll restaurierten, alten, chinesischen Häusern. Meist beherbergen sie High-End-Cuisine und Geschäfte mit luxuriösen Marken, beides nicht so wirklich unser Fall, so schlenderten wir relativ rasch durch die Menschenmassen und gelangten dann an einen schönen und ruhigen See im Fuxing Park. Es war schon früher Abend und wir legten ein kleines Päuschen am Seeufer ein und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen. Gut erholt spazierten wir zu einem weiteren sehr attraktiven Viertel, zu dem Künstlerviertel Tianzifang. Dieses Gebiet ist im Moment der neue Inn-Bezirk der Stadt und es ist in der Tat toll und gemütlich, wenn da nicht die schiebenden Menschenmassen wären. Überall entdeckten wir Ateliers, Cafés und Bars, die in die Altstadthäuser eingezogen sind. Wir bummelten durch die engen Gassen, entdeckten kreative Läden und bestaunten die Menschen. Nach so vielen neuen und fremden Eindrücken waren unsere „ geistigen Festplatten “ für heute voll, wir machten uns auf den Heimweg und aßen in unserem Hotel zu Abend - was für ein Land, alles ist hier anders, spannend und fremd, aber auch schon befremdlich !
Einen winzig kleinen Teil, den wir gerade im Model betrachteten, erkundeten wir nun zu Fuß, so spazierten wir entlang eines Flusses auf einem schönen Weg zum Jade-Buddha-Tempel. Unterwegs sahen wir eine Vielzahl von Zwei- und Dreirädern, die komplett vollgepackt mit den unterschiedlichsten Dingen waren - es boten sich uns unvergessliche Bilder. Aufgefallen sind uns die große Anzahl der Elektroroller, denn wir hätten nicht erwartet China so umweltbewußt zu erleben. Gekrönt wurden die Roller mit den fest angebrachten Handschuhen an den Lenkern – cool ! Es war bereits Abend als wir den Tempel erreichten, sehr alt ist er nicht, aber er ist der meistbesuchte Tempel Shanghais, da war es gut, dass wir so spät waren, denn wir hatten den Komplex nun fast für uns alleine und konnten so die Atmosphäre und Ruhe, die von dem Tempel ausging auch ungestört genießen. Das Herzstück der Anlage ist der Jade-Buddha, den ein chinesischer Mönch in der Vergangenheit aus Birma mitbrachte. Ebenfalls sehr sehenswert fanden wir die furchterregenden Himmelskönige, die als Beschützer am Eingang fungierten und natürlich der Hof mit Weihrauchgefäß und die dahinter liegende Haupthalle. Kurz bevor der Tempel seine Tore schloss - er blieb übrigens bei der Zerstörung der Kulturrevolution Maos verschont, weil über die Türflügel geklebte Mao Bildnisse ein Eindringen der Rotgardisten verhinderte, denn sie hätten sonst die Bilder zerreißen müssen - machten wir uns auf den Heimweg und freuten uns auf die Ruhe in unserem Hotelzimmer.
Recht früh gingen wir an diesem sonnigen Morgen los, denn wir besuchten das ca. 30 Kilometer entfernte ursprüngliche Wasserdorf Zhujiajiao. Für diese 30 Kilometer benötigten wir gute eine Stunde mit dem Bus, der bis auf den letzten Platz besetzt war. Während der Fahrt wurde uns das Ausmaß dieser riesigen Mega-City erneut auf eine andere Art bewusst: ein Häusermeer soweit unsere Augen blicken konnten, wir waren sprachlos - die Stadt ging fast nahtlos in das Dorf über – verrückt ! In unserem Reiseführer, dem Lonely Planet, wurde uns das Örtchen als ein idyllisches und charmantes Dorf beschrieben, d.h. so lange man nicht mit den unglaublichen Besuchermassen kollidiert. Das war auch der Grund, warum wir bereits so früh unterwegs waren, so hofften wir auf Eindrücke des alten Chinas mit all seinen Mythen ohne Gedränge und Geschubse zu erfahren. Und in der Tat erwartete uns ein nettes Dorf aus der Ming- und Qing Dynastie mit Alleen, schönen alten landestypischen Häusern, vielen kleinen Kanälen, verwinkelten Gassen und sehr fotogenen Brücken – einerseits ! Andererseits wurde das Dorf komplett vermarktet mit allem was dazu gehört, dennoch war es super, dass wir vor 9 Uhr an Ort und Stelle waren, denn so hatten wir die schnuggeligen Gässchen fast für uns alleine und konnten einen kleinen Hauch der noch entspannten Atmosphäre einsaugen. Als wir uns auf den Rückweg machten, kamen uns die Horden der Touristengruppen bereits entgegen: laut, drängelnd, egoistisch und rücksichtslos bahnten sie sich ihren Weg an uns vorbei. Überall wurden am Straßenrand Essen zubereitet, denn die vielen hungrigen " Mäuler " wollen auch gesättigt werden: es wurden hunderte von Fleisch- oder Fischspießen auf einmal gegrillt und auch ältere Damen hatten viel Arbeit mit dem verpacken der Bananenblatt-Taschen. Besonders übel riechend war der „chou doufu“ ( stinkender Tofu ), kaum zu glauben, dass man das essen kann und es auch noch überlebt ! Wir hatten alles richtig gemacht und fuhren wieder zurück in das Häusermeer und überließen den chinesischen Touristen das Dorf !
Am Nachmittag stürzten wir uns noch einmal in das Getümmel der Stadt und statteten dem Jing'an Tempel einen Besuch ab. Er liegt mitten in Hochhäusern eingebettet und der religiöse Tempel bot einen kuriosen Kontrast zu den futuristischen Fassaden. Der Tempel der Ruhe und des Friedens kam uns eher hektisch vor, viele Menschen kamen rasch her, zündeten ein Räucherstäbchen an und beteten. Selbst Spiderman kam auf seinen Rollschuhen kurz vorbei und betete vor der Tür :-) ! Kurz vor der Haupthalle war eine Spenden-Box für die Opfer des schweren Erdbebens in Nepal vom 25. April aufgestellt. Wir spendeten reichlich, klar wollten wir den Menschen im Katastrophengebiet helfen und sie unterstützen, aber noch wichtiger ist unsere Dankbarkeit !! Keiner unserer treuer Leserinnen und Leser weiß bis jetzt, dass wir eine Trekkingtour im Langtang Valley ( Nepal ) genau in diesem Zeitraum fest geplant hatten, nur mein Dengue Fieber hat uns von diesem Vorhaben abgehalten. Denn in Nepal kommt die Dengue übertragende Tigermücke vor, deshalb beschlossen wir, nicht nach Nepal zu fliegen und setzten unsere Reise in Japan und China fort. Wir hatten einen Schutzengel oder auch gleich zwei .... oder die Armbänder, die uns beschützten .... !!! Wir sind froh und dankbar !! Die Gefühle und Emotionen fuhren Achterbahn mit uns und wir brauchten einige Zeit im Tempel, um wieder bereit für das Leben auf den hektischen Straßen zu sein. Viel unternahmen wir auch nicht mehr, wir bummelten noch etwas durch ein Viertel, indem viele Expats (…) leben und erfreuten uns in einem großen Kaufhaus an Waren, die wir jetzt in dem Moment, indem wir sie sehen, richtig vermissen, wie zum Beispiel lecker Käse :-) !
Heute starteten wir schon wieder sehr früh in den Tag und zwar zu der berühmten Flusspromenade The Bund, ein absolutes Highlight. Am frühen Morgen spielten sich hier unglaubliche Szenen ab : viele Chinesen betrieben ihren traditionellen Frühsport vor einer einzigartigen Kulisse. Aber nicht jeder für sich, nein, organisiert, korrekt gekleidet und in großen Gruppen zauberten sie stimmige Choreographien auf die Straße, als ob sie jahrelang für diesen Auftritt geübt hätten. Tai-Chi Übungen, Schwertkampf Einlagen, chinesisches Aerobic oder ein Tanz mit einem Tennis-Schläger und einer Orange, unglaubliches bekamen wir zu sehen und zwischendrin ganz unauffällig ein Pudel mit Schuhen. Das ist Shanghai, alles ist möglich und alle sind verrückt !!
( --> die folgenden 3 Panoramen zeigen den Blick von links nach rechts )
So war es bereits später Abend als wir wieder an der Uferpromenade waren und uns einen gemütlichen Platz suchten, um die Abendstimmung zu genießen. Es war wieder mal ein Traum, die Skyline veränderte sich von Minute zu Minute, ehe sie zu leuchten und funkeln begann und uns der Abschied von diesem Anblick echt schwer fiel. Dennoch siegte unser Wunsch unsere Beine hochzulegen und uns auszuruhen, so liefen wir gemütlich zu unserem Hotel, ließen dabei die Erlebnisse an uns vorüberziehen und stellten beide fest, dass Shanghai eine unglaubliche Stadt ist mit vielen Superlativen und einer reichen Palette an unterschiedlichen Facetten - ein prickelnder Cocktail !
Endlich hatten wir mal wieder ein Hotel mit Frühstück und konnten ohne " Futtersuche " sehr relaxt in den Tag starten. Der Frühstücksraum befand sich im obersten Stock und so hatten wir einen schönen Ausblick auf den friedlich liegenden See während der frühen Morgenstunden. Zumindest war die Aussicht grandios, denn im Raum selbst erlebten wir Szenen, die unseren Wohlfühlfaktor erheblich einschränkte. Nach fast einer Woche in diesem fremden Kulturkreis waren wir uns der komplett unterschiedlichen Sitten bewusst und störten uns nur hin und wieder an den unangenehmen Essgewohnheiten und an dem fremden Benehmen. Alleine unter diesen vielen mit offenem Mund gierig schmatzenden, ständig rülpsenden und laut pupsenden ( Entschuldigung, aber so war es eben ) Chinesen verging uns tatsächlich der Appetit. Ganz zu schweigen von anderen Gesten und Geräuschen, die ich an dieser Stelle nicht näher beschreiben möchte. In Hong Kong und Shanghai wurden wir mit einer eher soften Variante auf die typischen Verhaltensweisen der Chinesen vorbereitet und einiges war noch westlich geprägt. Am West-Lake tauchten wir in das echte China ab, d.h. um uns herum nur Chinesen und wir waren diesem, aus unserer Sicht der Erziehung, nicht angemessenem Benehmen komplett ausgeliefert und es war wirklich sehr oft schwer " es " zu ertragen und auszuhalten. Andere Länder andere Sitten, und dass ist ja auch mit ein Grund, warum wir beide gerne reisen, um das Unbekannte und Fremde kennenzulernen und zu erfahren, es hat niemand behauptet, dass es immer ein Zuckerschlecken sein wird ! Also da müssen wir durch und die Situationen sind ja auch irgendwie spannend, obwohl wir auf so manches doch verzichten könnten.
Nach zwei Tagen am West-Lake fuhren wir für zwei Nächte ins Huangshan Gebirge, der Bericht hierzu folgt im nächsten Kapitel. Hier geht es mit unserem dritten Tag in Hangzhou nach dem Ausflug in die bezaubernden Berge weiter. Die vielen Auf und Abs und die wahnsinnig vielen Treppen der letzten beiden Tage forderten nun ihren Tribut: wir beide hatten einen ordentlichen Muskelkater an der kompletten Beinmuskulatur und das Treppensteigen wurde zu einer schmerzhaften Herausforderung - uff ! Damit war klar, dass wir heute keine sportlichen Höchstleistungen bringen werden und somit auch nicht nochmal zum Lingyin Tempel radeln werden – schade ! Stattdessen machten wir einen gemütlichen Bummel am belebten Seeufer entlang, dabei bewunderten wir schöne Szenen, wie musizierende und singende Leute, fröhlich herumspringende Kinder, verliebte junge Paare und auch sehr unschöne, wie zum Beispiel folgende für uns unfassbare : es war Sonntag, dennoch sprühten Arbeiter, ohne entsprechende Schutzkleidung mit giftigen Pestiziden die Bäume ein. Direkt unter den Bäumen verlief die Uferpromenade auf der an diesem Tag Hunderte von Menschen flanierten. So auch wir, schnell rannten wir, ohne zu atmen an den Giftsprühern vorbei, dennoch bekamen wir die Dusche ab. Außer uns störte sich keiner an dieser Tatsache, das können wir nicht nachvollziehen und das wäre glücklicherweise in unserem Land auch undenkbar. Weiter ging es in Richtung Altstadt und wir spazierten durch die Fußgängerzone Hanghai-Lu, an deren Straßenseiten schöne und gut erhaltene alte Gebäude und Häuser stehen. Besonders beeindruckend fanden wir die alte Hu Qingyu Apotheke, sie ist die älteste Apotheke Chinas und enthält noch heute viele traditionelle chinesische Arzneimittel und gilt gleichzeitig als architektonisches Beispiel für ein typisches großes Handelshaus aus der Qing-Dynastie. Ansonsten ist die Straße mal wieder auf alles, was ein chinesischer Tourist braucht, eingestellt und vorbereitet und das bedeutet in erster Linie auf gegrillte oder anders zubereitete Snacks. Überall und zu jederzeit wurde gegessen, d.h. geschlungen. Die Chinesen zelebrieren essen nicht, essen bedeutet den hungrigen Magen zu füllen, manche haben das Gefühl dafür verloren, was man an den erschreckend vielen dickbäuchigen Männern deutlich sehen kann. Allerdings fanden wir auch einen schönen Verkaufsstand, der meine Bedürfnisse deckte, Katzensticker, Katzenanhänger, Katzenhalsketten, Katzen aus Stoff und etlicher weitere Gegenstände mit Katzen, ich kaufte mir ein Katzenarmband mit einer " Lucky Cat " als Glücksbringer ! Logischerweise liefen wir nicht durch die Fußgängerzone, sondern wir wurden geschoben, aber daran waren wir dann doch mittlerweile gewöhnt ! Der Abend meldete sich auch langsam zu Wort und wir genossen die schöne Atmosphäre am West-Lake ein letztes Mal an seinem Ufer und selbst die Menschenmassen beeindruckten uns etwas weniger. Wir durften hier eine schöne, erlebnisreiche und erholsame Zeit verbringen und lernten China etwas näher kennen, wenn es auch oft sehr schwer für uns war.
Der Alarm des Weckers wäre eigentlich gar nicht notwendig gewesen, denn wir wurden durch ein eifriges Palaver auf den Fluren des Hotels geweckt. So wie es aussieht, besser so wie es sich anhört, sind wir nicht die einzigen mit dem Gedanken die einmalige Bergwelt bei Sonnenaufgang zu bewundern. Wir hofften sehr, dass nicht alle den beschwerlichen Weg zu unserem erwählten Punkt " Monkey watching the Sea " nahmen, um wenigstens etwas Ruhe zu haben. Da haben wir falsch gedacht, niemand wollte sich das attraktive Schauspiel entgehen lassen und so fanden wir uns inmitten von asiatischen, fast ausschließlich chinesischen Touristen wieder. Sie beklatschten enthusiastisch die Sonne als sie vorsichtig hinter dem Horizont hervor blinzelte ( wahrscheinlich wäre sie, bei dem Lärm, am liebsten wieder hinter den Bergen verschwunden ) und überprüften permanent das Echo, indem sie wie Tarzan, nur wilder, in der Gegend herumschrien. Dennoch konnte uns das alles nicht aus der Ruhe bringen, wir waren total verzaubert und fasziniert von diesem sagenhaft schönen Naturschauspiel !! Ich vermag diese außerordentliche Schönheit, die meine Augen erblickten und meine Sinne verkraften mussten, nicht zu beschreiben - es war wundervoll ! Still und berauscht schauten wir in die Weite der Natur und standen staunend und ehrfürchtig auf dem kleinen Felsvorsprung. Als wir wieder zurück in der Realität waren, bemerkten wir, dass wir jetzt fast alleine waren und Hunger hatten, deshalb spazierten wir, wie auf Wolken zu unserem Hotel und frühstückten und gönnten uns noch ein kleines Nickerchen.
Als wir aufwachten, stellten wir leider fest, dass sich die Sache mit den Wolken verschlimmerte und es heftig regnete und sogar donnerte. Darauf waren wir allerdings eingestellt und rüsteten uns mit Regenkleidung und Schirm gegen das Mistwetter und zogen trotzdem los. Wir liefen einen schönen Rundweg von ca. 14 Kilometern und einigen Höhenmetern, denn es ging auf großen Betontreppen ständig auf und ab. Dabei passierten wir Orte wie : " Flying over Rock ", " Brightness Top ", " Zhubajie eating the watermelon " oder " Jade Frog playing with Golden Turtle ". Wenn es darum geht, klangvolle Namen und Geschichten für diese Naturschönheiten zu ersinnen, sind die Chinesen unschlagbar. In den drei Tagen passierten wir auf unserer Wanderung durch das Huangshan Orte, die übersetzt wohl so lauten könnten: " die goldene Schildkröte spielt mit dem Jadefrosch ", " das weiße Pferd überquert die Himmelsbrücke " und " der Löwe betrachtet den Geburtstagsschatz ". Da ist ganz schön was los hier oben :-) !
Doch bevor wir uns den leckeren Tropfen genehmigten unternahmen wir noch einen kurzen Spaziergang zum Sunset Pavillon, um den Sonnenuntergang zu bestaunen. Na ja so einen klassischen Sonnenuntergang gab es nicht, allerdings bekamen wir phänomenale Blicke auf das Wolkenmeer, welches sich sekündlich veränderte, auf bizarren Felsen und knorrigen Kiefern - ein grandioses Naturschauspiel. In trauter Zweisamkeit beendeten wir den Abend wieder als einzige westliche Touristen in unserem großen Hotel, und es kam wieder so ein leichtes Gefühl des Heimwehs auf, in Form von, das Verhalten anderer verstehen und sich unterhalten zu können. Deshalb waren wir richtig froh, dass wir via WhatsApp mit ein paar sehr lieben Menschen chatten konnten, dass tat unsern Herzen und unserer Seele gut und wir fühlten uns nicht mehr so alleine.
Wir erwachten heute bei leichtem Sonnenschein und wenig Wolken und so freuten wir uns auf den langen Abstieg ins Tal über die Western Stepps. Gut gestärkt, natürlich mit der obligatorischen Nudelsuppe starteten wir. Zunächst am " Flying over Rock " vorbei, den wir dieses Mal sehen konnten, über den 1840 Meter hohen „ Brightness Top “. Von da an, so dachten wir zumindest, geht es nur noch den Berg hinunter, da lagen wir falsch, es war ein nicht enden wollendes anstrengendes Auf und Ab ! Es folgten unzählige Stufen hinauf zum " Jade Screen Peak ", wieder hinunter an der " Welcoming Guest Pine " vorbei, dann wieder hoch zum " Heavenly City Peak ". Das war der letzte Anstieg und der hatte es ganz schön in sich ! Tausende Stufen, die in den steilen Hang geschlagen wurden, ging es den Berg hoch und wir mussten echt mutig und schwindelfrei sein, aber vor allem fit, denn es war sehr anstrengend und es ging eine halbe Stunde ohne Pause nur bergauf.
Der Ausblick oben war fantastisch und die Wolken rissen sogar für einen knappen Moment auf, störend waren nur die großen Schwärme von schwarzen Mücken, die sogar in unseren Mündern landeten, während wir sprachen ( Hallo ! Ich bin Vegetarierin ! ). So lud uns der Gipfel nicht wirklich zum Verweilen ein. Wie bereits in anderen Berichten erwähnt, ist es den Chinesen sehr wichtig ein schönes Foto von sich selbst zu machen. Wie wichtig, die Rolle von Erinnerungsfotos in sozialen Medien ist, haben wir öfters erlebt und konnten wir an dieser Stelle besonders gut beobachten : noch oben am Gipfel liefen wir über einen abgeschliffenen riesigen Granitstein, der nur durch ein kleines Seil gesichert war und uns vom Abgrund trennte. Das ist nichts für schwache Nerven, aber die Chinesen schienen hier ihre Höhenangst für einen Moment zu vergessen und schafften es ihre geliebten Selfies in einer gekonnten Pose zu schießen ! Natürlich mussten die Fotos gleich online gestellt werden, so konnten wir häufig beobachten, dass viele junge Chinesen mehr auf ihre Smartphones schauten als die Natur zu bewundern - komplett verrückt, eine komplett andere Kultur ( oder Generation ? ), die sich abzeichnet ! Weiter ging es in Richtung Tal und wir hatten noch einige sehr spektakuläre und nicht ganz ungefährliche Passagen zu meistern, die uns herausforderten, aber auch Spaß machten. Der Nervenkitzel zog sich fast bis ins Tal, auf schmalen Wegen, die an den Fels gebaut waren, ging es dem Abgrund entlang, in der Tat war das eine Art Mutprobe. Sicher und heilfroh, dass nichts passiert war, erreichten wir den Mercy Light Tempel im Tal und dankten für die drei super Tage und die tollen Erlebnisse. Der Weg war nicht mehr weit zum Shuttlebus und wir ließen uns nach der 18 Kilometer und er sieben Stunden-Wanderung erschöpft und geschafft in die Sessel sinken. Dann ging alles ganz rasch, wir schnappten den nächsten Bus nach Hanghzou und ließen unsere Erlebnisse und Gedanken während der Fahrt an uns vorüberziehen : was für ein wunderschönes Naturparadies durften wir erleben ! Immer noch gehen uns Bilder von dramatisch schönen und bizarren Felsen, knorrigen Kiefern und dem bezaubernden Wolkenmeer durch den Kopf ! In Hanghzou angekommen machten wir uns mit letzter Kraft und mit einem schönen Gefühl der Zufriedenheit im Herzen zum Seeufer auf und ließen den Abend sein Ende finden.
Heute galt es eine besondere Mission zu erfüllen, wir mussten einen Zahnarzt aufsuchen, denn ich hatte seit geraumer Zeit einen Druck auf der linken Seite und machte mir große Sorgen, dass sich da etwas sehr Unangenehmes entwickeln könnte. Marek hatte bereits einen deutschsprachigen Zahnarzt via Internet mit guten Bewertungen ausfindig machen können, also nichts wie hin. Seine Praxis lag außerhalb des Stadtzentrums, so dass wir doch gut zwei Stunden benötigten, um ihn zu erreichen. Während der Fahrt sahen wir einige unterschiedliche Viertel der Stadt abseits der üblichen Touristenströme und das alles bei klarem Himmel und Sonnenschein. Das hat uns positiv überrascht, denn die Metropole macht doch häufig negative Schlagzeilen aufgrund des gesundheitsschädlichen Smogs. Deshalb haben wir auch eher mit nebelartiger und verschleierter Sicht gerechnet und nicht mit diesem schönen Sommertag. Dies war allerdings eine Ausnahme und ein besonderer Tag mit den besten Luftwerten seit langem, wie wir später per Internet herausfanden. In Deutschland wären die Werte allerdings als sehr bedenklich, wenn nicht sogar als alarmierend eingestuft worden und es hätte sofort Konsequenzen nach sich gezogen, in China waren es " gute " Werte, ist eben eine Frage, wie man die Skala definiert !! Insgesamt machte die Stadt einen organisierten, geordneten und sauberen Eindruck auf uns, so anders wie wir das von den Städten Chinas bisher gewohnt waren ! Aber nun wieder zum Zahnarzt, ich hatte schon große Sorgen ( Wurzelbehandlung & Co. ) und hoffte sehr, dass die Diagnose nicht zu schlimm ausfallen wird. In der Privat-Praxis wurden wir bereits erwartet und persönlich begrüßt, das linderte meine Angst. Rasch saß ich im Behandlungszimmer und wurde von einem sehr sympathischen und jungen Arzt untersucht. Er checkte alles akribisch genau und machte zum Schluss noch ein Röntgenbild und hielt folgende Diagnose für mich bereit : " Es ist alles in Ordnung ! " Das ist ja fantastisch dachte ich mir und wollte seiner Botschaft anfangs nicht trauen, langsam realisierte ich die gute Nachricht und wir freuten uns sehr, dass keine Behandlung oder sogar ein verfrühter Heimflug notwendig war. Vergnügt und happy fuhren wir wieder in die Innenstadt und bummelten durch die angesagteste Shopping Straße und fanden uns bei einem lecker Kaffee im Starbucks wieder und waren immer noch sehr erleichtert über das Ergebnis des Zahnarztbesuches – jipii ! So ging der erste Tag in Peking rasch vorüber. Er fand ein besonders schönes Ende und offen bleibt die spannenden Frage nach der Macht der Gedanken !
Erst heute können wir unseren Aufenthalt in der Hauptstadt Chinas unbeschwert beginnen. Peking ist unbestritten einer der meistbesuchten Orte der Welt und es gibt hier eine breite Palette von Sehenswürdigkeiten und historischen Stätten, ebenso wie futuristische Hochhäuser und hippe Künstlerviertel. Es fiel uns schwer eine Auswahl zu treffen, aber das Wichtigste ist die Verbotene Stadt und so begannen wir unsere Tour mit der Erkundung dieses alten und geheimnisvollen Ortes. Sie symbolisiert Peking und die einzigartige chinesische Kultur, wie kein zweites Bauwerk. Inmitten einer von stetigem und rasantem Wandel geprägten Megametropole, war sie für uns ein willkommener Ruhe- und Gegenpol, der den alten Geist Chinas bewahren konnte. Der Name ist allerdings irreführend, denn es handelt sich nicht um eine Stadt, sondern um den ehemaligen chinesischen Kaiserpalast. Den heutigen Namen erhielt der Palast, weil Normalsterbliche und Menschen, die nicht am kaiserlichen Hof dienten, das Gelände bis in die frühen 1950er Jahre nicht betreten durften. Uns bot sich ein unvorstellbares riesiges Gelände mit unzähligen wunderschönen Tempeln, Funktionshallen, mehr als 9000 Kammern und Räumen und einem sensationell angelegtem Garten, das durch eine massive Mauer vom Rest der Stadt getrennt ist. Hier lebten und regierten die chinesischen Kaiser quasi wie Gott in Frankreich und es fehlte ihnen an nichts, sie hatten sogar einen eigenen Harem. In diesem größten Palast-Komplex der Welt hätten wir problemlos einen ganzen Tag verbringen können. Wir beschränkten uns allerdings auf die wichtigsten Kammern und Tempel und waren dennoch über vier Stunden in der Verbotenen Stadt. Zurück zum Tagesbeginn : erneut versuchten wir vor den chinesischen Touristen am Eingang zu sein, um vielleicht noch ein bisschen etwas der ursprünglichen Atmosphäre zu erhaschen, bevor das Gedränge und das Lärmen der Chinesen diese Ruhe zerstörte, deshalb machten wir uns sehr früh ohne Frühstück auf den Weg. Kaum war der große Haupteingang am Tiananmen Platz in Sicht, war unser Versuch gescheitert, als wir die für China eigentlich obligatorischen Menschenschlangen entdeckten. Also stellten wir uns hinten an und setzten unseren Mundschutz auf, denn heute erlebten wir den Smog. Es war ein eigenartiges Gefühl die anders riechende Luft einzuatmen und auch die Sicht war sehr getrübt und die Gebäude in der Ferne verschwanden hinter einer weißen Schicht. Mit dem Mundschutz fühlten wir uns geschützt und auch die gefilterte Luft hatte einen besseren Geschmack.
Niemand gelangt auf den Tiananmen Platz, und somit zum Kaiserpalast, ohne eine strenge Kontrolle über sich ergehen zu lassen, so auch wir, die Prozedur war denen auf internationalen Flughafen ähnlich ! Endlich standen wir dann vor dem Tor des Himmlischen Friedens - natürlich mit vielen weiteren chinesischen Touristen - und ich erblickte das riesige Porträt von Mao Zedong, der genau hier 1949 die Volksrepublik ausrief - ein bewegender Moment. Ich war mal wieder an einem Ort, an den ich mich schon immer gewünscht habe und jetzt stehe ich hier, live, in echt und Farbe. Ich hielt den Moment in meinem Herzen fest und schritt dann fast schon ehrfürchtig durch das meterlange Tor des Himmlischen Friedens, welches noch ein Teil der alten gewaltigen Stadtmauer ist. Das Tempo wurde uns mal wieder vorgegeben, denn wir schwammen mit dem Touri-Strom. Weiter " schwammen " wir durch das massive U-förmige Mittagstor und erblickten dann, im ersten Hof fünf wunderschöne Marmorbrücken über den Goldbach, die uns den Weg zum Tor der höchsten Harmonie ( es handelt sich um die Harmonie zwischen Mensch und Kosmos und zwischen Herrscher und Untertan ) führten. Hinter diesem eröffnete sich uns der Haupthof mit der Halle der höchsten Harmonie, er steht auf einer dreifachen weißen Steinterrasse, deren Stufen Wasserspeier in Drachenkopfform zieren – sensationell ! Die Tierfigürchen auf den Dachgraten haben uns ganz super gefallen und ergaben ein, oder zwei, oder .... sehr schöne Fotomotive, vorne immer ein Reiter auf einem Phönix und weitere Figuren - so schön. Die Anzahl der Figuren verrät die Wichtigkeit des Gebäudes, d.h. umso mehr Figuren ein Dach vorzuweisen hat, desto bedeutender. Es folgten noch weitere Hallen und eine Thronhalle, die eine ganz besonders große Anziehungskraft auf die Chinesen auszustrahlen schien. In drängelnden und schupsenden Horden standen sie vor der kleinen Tür, die einen Blick ins Innere erlaubt, und versuchten ein Bild des begehrten Interieurs zu schießen. Na ja, da wollten wir doch mal schauen, was es so Schönes zu bestaunen und fotografieren gab : der Thron und die Sänfte des Kaisers und eine Wasseruhr waren die Objekte der Begierde, ganz nett uns interessierte allerdings die klassische chinesische Architektur bei Weitem mehr.
Anschließend unternahmen wir einen kleinen Abstecher zu der " Nine Dragons Screen ", eine Marmorwand, in die neun Drachen gemeißelt und wunderschön bemalt wurden, was für ein wunderbares Schmuckstück ( die Drachen sollen vor bösen Geistern schützen ). Wir entdeckten weitere schöne Kunstwerke mit Bedeutung, wie zum Beispiel die Löwen die links und rechts vor den Treppen zu wichtigen Gebäuden zu sehen sind, auch sie gelten als Wächter. Der männliche Löwe hat seine Tatze auf einem Globus, das symbolisiert die Macht des Herrschers und der weibliche hat seine auf einem Löwen-Baby, was die Fruchtbarkeit des Herrschers symbolisiert. Überall fanden wir so kleine Details mit netten und spannenden Geschichten, allerdings wurden wir auch oft von den lauten und drängelnden Chinesen in unserer Ruhe gestört. Weiter ging unserer Spaziergang zum Palastgarten, der uns mit seinen skurrilen Bäumen, Pavillons, Gartensteinen, Mosaik-Pflasterung und seinem künstlichem Gebirge erfreute. Natürlich nicht nur uns, sondern auch viele, vor allem junge Chinesen, die wieder wie verrückt ihre Selfies machen konnten ! Durch das Nord-Tor kamen wir aus der Verbotenen Stadt heraus und umrundeten dann die Stadtmauer mit dem sie umgebenden Wassergraben wieder bis nach vorne zum Hauteingang. Mittlerweile war es früher Nachmittag und wir waren hungrig wie Wölfe, so legten wir eine gemütliche Pause mit Kaffee und Mittagessen ein. Die Erholung tat uns sehr gut, denn wir brauchten ein wenig Zeit, um das Gesehene sich etwas setzten zu lassen, denn im Anschluss ging unsere Sightseeing Tour weiter.
Zunächst gingen wir zum National Center of Performing Arts, welches uns durch seine spannend Architektur anlockte. Und in der Tat war das ein sehr spezielles Gebäude, die einen betiteln es abwertend als " Ei ", andere beschreiben es als einen riesigen Pilz, wir finden, dass es eher an ein futuristisches Raumschiff erinnert.
Weiter ging es zum bekannten Tiananmen Platz, obwohl uns die Ausmaßen des Platzes sehr beeindruckte, er gilt als größter innerstädtischer Platz der Welt, fanden wir ihn nicht sonderlich schön, einfach eine zubetonierte Fläche mit ein paar sparsam angelegten Grünanlagen, das war es. Es sind vielmehr die Geschehnisse und Vorfälle, die diesen Platz bekannt machten und bis heute so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Traurige Berühmtheit erlangte er 1989, als Massen von Chinesen den Platz besetzten, um für Demokratie und Pressefreiheit, sowie gegen Korruption und Zensur zu demonstrieren. Die Armee soll die Bewegung mit Gewalt und Waffeneinsatz niedergeschlagen haben. Jetzt verstehen wir auch die strengen Kontrollen, vermutlich besteht für die Regierung immer noch die Gefahr, dass es neue Proteste geben könnte, denn nach wie vor sind die oben geforderten Recht nicht gegeben. Ansonsten ist der Tiananmen ein großer sozialistischer Paradeplatz und der Ort für riesige Paraden und Versammlungen. Er wird von bedeutenden Gebäuden umrahmt, so kamen wir bei unserem Rundgang an der Großen Halle des Volkes, am Nationalmuseum und am Denkmal für die Helden des Volkes und das Mao-Mausoleum vorbei. Das Mausoleum konnten wir leider nicht besuchen, weil es nur morgens für ein paar Stunden zum Besichtigen offen ist, und dass auch nur an wenigen Tagen in der Woche, so passte leider eine Besichtigung so gar nicht in unseren Zeitplan. Aber dafür hatten wir noch Zeit das Front Gate zu besteigen, welches als Zeuge der einst mächtigen Stadtmauer übrig blieb und von wo wir einen schönen Blick auf den Tiananmen Platz hatten. In Anbetracht dieser Vielzahl an sehr spannenden und geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten bemerkten wir nicht, dass es schon Abend war und es langsam dunkel zu werden begann, so machten wir uns zu Fuß auf den Heimweg und spazierten durch das " Former Foreign Legation Quater ", ein Relikt aus vergangenen Zeiten, von dem noch ein paar schöne und prachtvolle europäische Bauten übrig blieben. Irgendwie kamen wir von unserem erwählten Weg ab und gelangten in sehr untouristische Gassen. Dort war es zwar etwas dreckiger, aber dafür ruhiger und authentischer, wir sahen ältere Menschen, die damit beschäftigt waren den Tag zu gestalten, wie zum Beispiel der Kalligraphie Meister, der seine Schriftzeichen mit Wasser auf den Betonboden zauberte. Der Tag hatte es ganz schön in sich und wir waren zum einen körperlich geschafft, denn wir liefen heute mehr als 20 Kilometer und zum anderen mussten wir das Gesehene und Erlebte auch einordnen, so wurde es ein kurzer Abend, denn selbst zum Reden waren wir zu erschlagen.
Wie bereits oben beschrieben hat Peking echt wahnsinnig viel zu bieten und ich muss echt aufpassen, dass sich meine Worte nicht anhören, wie die in einem Reiseführer. Dennoch komme ich mal wieder nicht darum herum ein paar Fakten zu erwähnen, denn wir hatten heute wieder ein paar tolle Highlights auf unserer Liste. Wie immer ging es sehr früh los, damit meine ich 6 Uhr aufstehen ( ist wie im Schulalltag :-) ), denn wir hatten mal wieder die Hoffnung den Ultra riesigen Touristenströmen zu entkommen. Und welch ein Glück, wir waren fast alleine im Lama-Kloster ( Palast der Harmonie ), unserem ersten sehr attraktiven Ziel für den heutigen Tag. Das Kloster ist der größte lamaistische Tempel in Peking und auch die wichtigste Stätte für Gläubige außerhalb Tibets. Deshalb trafen wir hier auf viele Gläubige, die Räucherstäbchen anzündeten, diese mit beiden Händen vors Gesicht hielten und kniend beteten. Es herrschte eine andächtige und ruhige Atmosphäre und auch Marek schickte ein Gebet ab. An den beiden Löwen kamen wir wieder nicht vorbei ohne ein Bild zu machen, sie sind einfach zu schön ( siehe Abschnitt Verbotene Stadt ). Wir besuchten die fünf Gebetshallen und die vielen Galerien und bewunderten wieder die vielen schönen kleinen Feinheiten der Architektur und gelangten zum letzten Gebäude, dem Pavillon des 10.000-fachen Glücks, in dem sich eine übergroße Buddha Statue befand. Sie misst 18 Meter und ist aus einem einzigen Stück Sandelholz geschnitzt worden - welch eine Kunst. Für Marek erwies es sich als eine echte Kunst dieses riesige Kunstwerk fotografisch festzuhalten, aber Ziel erreicht :-).
Wir folgten dem Duft der Räucherstäbchen auf die andere Straßenseite und gelangten zu einem weiteren sehr bedeutenden klassischen Komplex Pekings, dem Konfuzius Tempel. Zuerst konnten wir den Eingang kaum finden, lag er doch etwas versteckt und unscheinbar an einer Straßenseite und die sonst obligatorische Warteschlange, die uns oft den Weg wies fehlte, ganz zu unserer Freude. Wir betraten den Tempel durch den Südeingang, vor dem eine schöne und Ruhe ausstrahlende Konfuzius Skulptur aus Marmor stand. Apropos Ruhe, heute schien unser Glückstag zu sein, denn wieder waren wir fast die einzigen Besucher, vermutlich sind die religiösen Stätten für chinesische Touristen nicht so spannend und werden deshalb nicht besucht, denn China gilt eigentlich als atheistisch. Durch das Tor gelangten wir auf einen schönen Platz voller knorriger uralter Bäume, raffinierten Pavillons und großer Hallen, die zum Teil von großen Steinsäulen getragen werden. Zahlreiche Verzierungen an Säulen und Steinplatten erzählen vom Leben und der Lehre des Konfuzius - ein sehr spiritueller Ort mit vielen wunderschönen Meisterwerken und das in Ruhe !
Zum Abschluss des Tages ein weises Zitat von Konfuzius :
Dieser hämmernde Lärm raubte uns den Schlaf und begleitete uns während des gesamten Morgens. Es goss wie aus Kübeln und wir waren nicht in der Lage unser Hotel auch nur für einen Moment zu verlassen, ohne komplett durchnässt zu sein. Gegen Mittag hörte es glücklicherweise auf und rasch machten wir uns auf Yangshuo etwas genauer zu erkunden. Wir spazierten zunächst wieder auf der West-Straße entlang und erkannten bei Tageslicht das ganze Ausmaß dieser nur aus Verkaufsläden bestehenden Straße, wir entdeckten nichts von dem versprochenen Flair und Reiz eines alten chinesischen Ortes, wie uns das unser Reiseführer zusicherte. Das einzig Gute war, dass sie zur Fußgängerzone deklariert war, das galt aber offensichtlich nur für die Autos, denn alles andere fuhr hier durch. Am schlimmsten waren die Mopeds, die lautstark hupten und wenn man sich dann nicht sofort in Sicherheit brachte, d.h. schnurstracks mit einem Satz an die Seite springen, dann setzte man sich der Gefahr aus, angefahren zu werden. Zwischen den Geschäften machten sich penetrante Straßenhändler und Essenstände breit, so dass nur noch wenig Platz für die große Anzahl der Touristen blieb. Wenn die auch noch stehen blieben, kam es zu einem Stau, d.h. das stimmt so nicht, wir warteten geduldig, wenn zum Beispiel ein Touri ein Foto machte, die Chinesen hinter uns drängten sich drückend und stoßend an uns vorbei. Unglaublich, sie zeigten keinerlei Höflichkeit, geschweige denn Respekt vor anderen Menschen. Plötzlich entdeckten wir einen kleinen See mitten im Ort mit einer schönen Aussicht auf die Karstberge, bei genauerer Betrachtung viel uns auf, dass der See eine verschmutzte und stinkende Kloake war. Wir suchten unser Glück etwas außerhalb des Stadtzentrums und versuchten in den nahegelegenen Park zu gelangen. Kein Hinweisschild, keine Antwort auf unsere freundliche Frage nach dem Weg, nur desinteressierte Einheimische, Dreck, Moskitos, im Regenwasser versinkende Straßen und Wege und überall sich ausruhende Chinesen, die spucken, rotzen, .... .
Es ist schon sehr spannend, wie unterschiedlich Menschen Orte wahrnehmen, so las ich in einem Online-Reiseführer folgende Sätze : " Eine Reise zu der West-Straße ist ein Erlebnis, mit der Landschaft, mit den Menschen, mit der Seele und mit sich selbst ! " Ich glaube, dass der Autor von einer anderen Stadt und einer anderen West-Straße schreibt oder " einen im Tee hatte ", denn sonst kann ich mir seine Worte nicht erklären, denn wir empfanden die Straße komplett gegenteilig.
Heute erwachten wir bei Stille, ein gutes Zeichen, es regnete nicht, so konnten wir unsere geplante Fahrradtour machen. Direkt in unserem Hotel liehen wir uns zwei Drahtesel aus und los ging es bei Sonnenschein in Richtung Mond-Berg. Bevor wir unser Ziel erreichten, kamen wir an einigen wertvollen und weniger wertvollen Sehenswürdigkeiten vorbei. Sehr schön war die Brücke über den Li Fluss, von der wir eine atemberaubende Sicht auf die steilen Karstberge hatten, deren Spitzen überall aus dem sonst flachen Boden herauszuwachsen schienen. Weiter ging es an zahlreichen Tropfsteinhöhlen vorbei, wie zum Beispiel an der Schmetterlingshöhle. Leider sind die meisten dieser Höhlen durch den Tourismus inzwischen weitgehend zerstört. Statt die Tropfsteine zu erhalten, wurden die Höhlen " hergerichtet ", d.h. Tropfsteine werden mit bunten und kitschigen Neonlichtern angeleuchtet, um sie " schöner " zu machen und um einen tollen Hintergrund für die Selfies abzugeben. Das taten wir uns nicht an und ließen sie deshalb links liegen. Wir kamen noch an weiteren kitschigen, der Natur unwürdigen " Bespaßungs-Anlagen " vorbei, ehe wir den Mond-Berg erreichten. Dabei handelt es sich um einen 380 Meter hohen Karstberg an dessen Gipfel es eine große Perforation, die wie ein Mond aussieht, gibt. Diese " Sensation " kann man über einen gut angelegten Weg erklimmen, wir wollten aber nicht schon wieder mit Tausenden von chinesischen Touristen wandern, die die Natur nicht schätzen und lieber selbstverliebt in ihre Smartphones grinsen. Deshalb begnügten wir uns mit einem Bild, das zu schießen kostete uns umgerechnet zwei Euro, und radelten gemütlich zurück. Wieder in Yangshuo begann es heftig zu regnen, so verbrachten wir den frühen Abend mit Kniffel spielen und beendeten ihn mit einem leckeren Curry, allerdings nicht mehr in dem vegetarischen Restaurant. Dieses konnten wir nicht erreichen, weil es, wie so viele andere Gebäude ebenfalls, unter Wasser stand. Es regnete in dieser Region schon seit Wochen, so dass alle Flüsse und Bäche Hochwasser führen, einige Straßenabschnitte unpassierbar sind und viele Keller und Häuser unter Wasser stehen. Wir rechneten auch damit, dass unsere für Morgen gebuchte Bootstour auf dem Li -Fluss buchstäblich ins Wasser fallen würde, mal abwarten, aber es regnete die ganze Nacht über und wir hatten wenig Hoffnung.
Früh wurden wir heute von unserem Wecker aus dem Schlaf gerissen, denn wir sollten bereits um 7:00 Uhr im Hotel zur Bootstour abgeholt werden. Leider schwangen wir uns umsonst aus den Federn, denn die Tour am Morgen musste aufgrund des enormen Hochwassers abgesagt werden, aber mittags kann sie stattfinden, glücklicherweise. So verbrachten wir den Morgen in den Straßen der Stadt und wir konnten unsere Vorfreude auf die uns erwartende phänomenale Landschaft noch etwas länger genießen. Am Li-Fluß in Xingping befindet sich einer der schönsten Stellen der Wasser- und Karstlandschaft. Sie ist sogar auf dem chinesischen 20-Yuan-Schein abgebildet. Vielleicht werden wir sogar ein Kormoran-Fischer erblicken, denn diese Tradition habe ich immer vor Augen, wenn es um die Karstlandschaft in China geht : Die Kormoran-Fischer praktizieren eine Jahrhunderte alte Fischfang Methode, bei denen sie mit zwei Kormoranen auf den Fluss fahren um zu fischen. Damit die Vögel den Fisch nicht selbst fressen, wird ihnen der Hals leicht abgebunden. So werden sie nun aufs Wasser geschickt, fangen einen Fisch und kehren mit ihrer Beute zum Fischer zurück, dafür werden sie vom Besitzer ernährt und er sorg sich um sie. Wie naiv mein Wunsch war, sollte ich mittags schmerzlich erfahren. Wir starteten unsere Tour in einem überfüllten Minibus und Marek musste auf einem Hocker, zwischen den Sitzen, Platz nehmen. Unsere Mitreisenden waren allesamt aus China, so störte es keinen von ihnen, dass die beiden längsten Menschen, die engsten Plätze bekamen. Nach einer guten Stunde Fahrt erreichten wir Xingping, von wo aus das Boot ablegte. Schnell und unfreundlich wurden wir auf das Boot geschleust und kaum waren wir an Bord, da legten wir auch schob ab. Im Boot erzählte, besser schrie, eine junge Chinesin etwas durch ein Megafon, wir verstanden natürlich kein Wort und sie macht auch nicht die geringsten Anstalten das " Geschrieene " auf Englisch zu übersetzten, das waren wir ja mittlerweile gewöhnt. Ihr Gerede war sehr laut und unangenehm und es schien sich ausschließlich um die Möglichkeit des Erwerbes von Fotos, die sie während der Fahrt tausendfach von den ausschließlich chinesischen Touristen machte, zu handeln. Nichts über die Natur oder geschweige denn einen Bericht über die Entstehung oder andere Infos, es ging nur um Bilder von sich und ums Geld. Kein Respekt vor der Großartigkeit der Landschaft - das war zu krass für uns. So richteten wir beide unsere Aufmerksamkeit nach draußen, auf die unübertroffene schöne Landschaft, die majestätisch und friedlich um uns herum war. Überall erblickten wir die wohlgeformten Hügel, die sich wie gigantisch bewaldete Maulwurfshügel nach oben auftürmten, dazwischen flaches Land, welches zum Anbau von Reis genutzt wurde. Der Li-Fluss schlängelte sich mit seinem braunen Wasser tänzerisch durch die Landschaft - es war ein toller Anblick !
Dann entdeckte ich einen Kormoran Fischer und begann mich schon zu freuen, er kam unserem Boot immer näher und ich begann skeptisch zu werden : was spielt sich hier ab ? Nichts Gutes ! Der Kormoran Fischer kam mit der Stange, auf dem die beiden Vögel saßen an Board und alle Touris ließen Bilder von sich mit der Stange auf der Schulter machen. Die wehrlosen Kormorane wurden mit Tape-Band auf die Stange geklebt und auch ihr Mund war zugeklebt. Für mich ein Bild des Grauens !
Hallo, wie kann man so respektlos, arrogant, achtlos... mit der Natur umgehen - mir fehlen die Worte. Die ganze angesammelte Wut und die Emotionen der letzten Wochen kamen über mich und ich wusste nicht wohin mit dieser negativen Energie :
wie sehr verachte ich Menschen, die die Natur so vergewaltigen, die nichts in Ruhe schätzen und bewundern können. Anstelle Dankbar und Achtsam die Berge zu bestaunen werden schnell irgendwelche doofen Fotos geschossen, um sie dann später angeberisch in die Hände der einfachen gestrickten Freunde zu geben, um bewundert zu werden. Ich war überfordert mit der Situation und mit meinen Gefühlen und wusste mir nicht mehr anders zu helfen, als die Leute anzuschreien - aber sie verstanden sowieso kein Wort - dabei lief mir eine Träne nach der anderen über die Wange !
Ich fühlte mich so machtlos und hilflos gegenüber so viel Gleichgültigkeit und Ignoranz. Nur schwer konnte ich mich beruhigen und ich wollte diese Art von Menschen einfach nicht mehr um mich herum haben, ich wollte weg aus China. Traurig und weinend brachte ich diesen Alptraum hinter mich : Atmen !
Wieder an Land warteten wir auf den Minibus, ich war aufmerksam wie ein Flitzebogen, um als erste in den Bus zu gelangen, um nicht wieder auf den Stühlen sitzen zu müssen. Dann kam der Bus und alle stürzten sich auf die Schiebetür, natürlich mit Ellenbogeneinsatz. Das kam mir gerade recht, so konnte ich meine negative Energie loswerden, ich behauptete mich gegen die Chinesen und ergatterte einen recht passablen Platz. Marek war noch draußen, so besetzte ich den Platz neben mir, den wollte dann jemand anders. Ich blieb stur, versperrte den Weg mit verschränkten Armen zu allem bereit : dieser Platz ist für meinen Mann !!!
So verzögerte sich die Abfahrt, aber ich setzte meinen Wunsch durch und Marek saß neben mir und zwei andere auf den Stühlen. So wurde der Ausflug auf den ich mich so sehr gefreut habe zu einem einzigen Alptraum und es bleiben mir nicht so viele schöne Erinnerungen im Gedächtnis - das ist schade und noch viel mehr traurig !
Immer noch gezeichnet von den Geschehnissen des Tages aßen wir relativ wortkarg zu Abend und jeder von uns versuchte mit den Erlebnissen auf seine Weise klar zu kommen. Ich versuche mir immer einzureden, dass der Kormoran-Fischer so wenigstens zu einem kleinen Verdienst kommt, denn Fische gibt es nicht mehr ausreichend in dem Fluss ! Aber es hilft nur wenig - ich bin traurig !
Der letzte Tag bricht an – juhuiii ! Wir dürfen China bald verlassen. Diese Worte klingen echt heftig, aber genauso fühlten wir uns. Viel unternehmen können wir nicht, d.h. weder wandern, da alle Wege sehr rutschig und gefährlich sind und auch eine theoretisch mögliche Floßfahrt fiel flach, weil die Flüsse sich in reisend Ströme verwandelten. Es regnet und regnet, was sollten wir machen ? Irgendwann beschlossen wir unsere komplette Regenkleidung anzuziehen und entlang des Yulong-Flusses zu radeln. Kaum hatten wir die dreckige Stadt hinter uns gelassen, wurde der Regen immer weniger und hörte dann, ganz zu unserer Freude, schlussendlich komplett auf. Unterwegs begegneten wir einer älteren Dame, die Blumenkränze verkaufte, wir nahmen ihr einen ab und Marek wurde dann auch gleich gekrönt. Es war so toll, dass es nicht mehr regnete und wir radelten mit einem Lächeln im Gesicht durch die ruhige und friedliche Landschaft. Auch die Wolken lichteten sich und die Berge zeigten ihre schön geschwungenen Gipfel. Die traumhafte Naturlandschaft konnten wir nun endlich in Ruhe und Frieden genießen und bestaunen, weil bei dem Mistwetter keine chinesischen Touristen unterwegs waren, also eine " chinesenfrei Zone ". Unser eigentliches Ziel wäre die " Drachenbrücke " gewesen, allerdings konnten wir den Weg nicht finden, d.h. unser Weg war nicht befahrbar, weil er unter Wasser stand, so wichen wir auf andere aus, fuhren bergauf und bergab, über Brücken und hinter Karstfelsen vorbei und hatten keine Ahnung mehr, wo wir waren. Das war aber vollkommen egal, denn der Weg war toll ! Wir hatten ständig eine schöne Sicht auf die kamelhöckerförmigen Karsthügel, die hellgrünen Reisfelder und den braunen Fluss, indem sich die Karsthügel wunderschön spiegelten. Wir kamen an ursprünglichen Dörfern vorbei und beobachteten die Menschen bei ihren alltäglichen Aufgaben, wie zum Beispiel die Wasserbüffel auf die Felder zu führen. Diese Menschen sind so ganz anders, sie lachen, sind gemütlich und freundlich, das ist gut so und stimmt uns etwas versöhnlicher mit den Chinesen und ihrem Land !
Nach einem langen Tag im Sattel kamen wir so glücklich und zufrieden wieder in unserem Hotel an und verbrachten den letzten Abend am Li-Fluss und beobachteten das Verkehrstreiben auf der einen Seite des Flusses und betrachteten die unwirklich aus dem Boden schießenden Berge auf der anderen. Wir erlebten nochmals einen gemütlichen letzten schönen Abend bei lecker Gurkensalat à la Yangshuo und dem ein oder anderen Kniffel-Spiel.
Heute erwartete uns ein langer " wir sind unterwegs Tag ", aber wir freuten uns darauf, denn Adios China ! Zuerst fuhren wir mit dem Taxi zum Busbahnhof Süd, dann ging es mit einem Linienbus nach Guilin. Dort liefen wir zum Bahnhof Süd und warteten in einer vollen und uneinladenden Wartehalle bis unser Schnellzug nach Nanjing abfuhr. Am Bahnhof in Nanjing mussten wir zunächst auschecken, um dann wieder einzuchecken, um anschließend noch recht lange zu warten bis unser Zug nach Hanoi ( Vietnam ) abfuhr. Die Wartezeit war aber angenehm, weil wir es uns in einem chinesischen Fastfood Restaurant gemütlich machten, d.h. wir saßen auf bequemen Stühlen an einem sauberen Tisch und aßen Pommes - auch mal lecker - und hatten kostenlosen Internetzugang ! Gegen Abend ging dann der lange Trip nach Vietnam los. Kilometer-technisch ist es eine kurze Strecke, aber dadurch, dass wir zwei Grenzen passierten, wurde es zeitlich zu einer langen Reise. Mal wieder nahmen wir, in den uns mittlerweile sehr vertrauten Schlafwägen Platz, eine Liege oben und eine direkt darunter, schlürften unsere Nudelsuppen und legten uns dann auch recht früh hin. Um 22:00 Uhr wurden wir geweckt und mussten mit unserem ganzen Gepäck aussteigen, um die Grenzformalitäten für China zu erledigen. Dass dauerte, denn alle Fahrgäste mussten warten bis die Pässe gecheckt und der Stempel verteilt war. Wieder fielen wir dann in einen kurzen Schlaf, bevor wir erneut anhielten, um dieselben Grenzformalitäten zu durchlaufen. Trotz den ständigen Störungen waren wir sehr zufrieden, wir sind endlich in Vietnam, also good bye China und Chichei !
Zum Abschluss versuche ich in Worte zu fassen, was uns in den letzten Wochen während unserer Reise durch China so sehr bewegt hat, wie wir es noch nie in den Ländern, die wir vorher besuchten, erlebten. Fairerweise muss ich gleich vorwegschicken, dass wir nur einen kleinen Teil des riesigen Landes gesehen und erfahren haben, und dass waren auch eher die touristischen Highlights, also nicht unbedingt das typische und ursprüngliche China. Sicherlich ist das Leben in anderen Gebieten oder auf dem Land anders. Mit dem Reich der Mitte assoziierte ich ein Wertesystem, mit Tugenden wie Harmonie, Rücksicht und Moral, um nur ein paar zu nennen. Diese Werte konnten wir zum Teil sehr selten in der alltäglichen Lebensweise der Chinesen entdecken.
Harmonie als Beispiel : klar, wir wurden nie Zeugen eines Streites, der in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde, dabei würden die Chinesen auch ihr " Gesicht " verlieren. Die Zeitungen waren aber voll von Berichten von Häuslicher Gewalt - alles nur äußerer Schein ? ! Bedeutet Harmonie nicht auch im Einklang leben mit der Natur ? Auf sie wird in keinster Weise Rücksicht genommen, sie wird benutzt und missbraucht, egal für welchen Zweckt ! Die alarmierende höchstgefährliche Luftverschmutzung, die schon seit Jahren " bekämpft " wird, zeigt keine Besserung, die Richtwerte werden nach oben korrigiert, so kommt man natürlich auch zu einem besseren Ergebnis. Ganz zu schweigen von dem, was der Natur angetan wird, um es den vielen Touristen attraktiv und bequem zu gestalten : Rolltreppen in Pagoden – unglaublich ! Überall gibt es Sessellifte, so dass wirklich jeder die Sehenswürdigkeiten bequem in Stöckelschuhen erreichen kann.
Weitere Beispiele sind die zerstörten Höhlen in der Nähe von Guilin und das traurige Schicksal der Kormorane ! Ganz zu schweigen, dass Müll überall und jederzeit auf dem Boden achtlos entsorgt wird ! Diese Dinge waren schwer auszuhalten und zu begreifen.
Ebenso grenzwertig und rücksichtslos fanden wir das Gedrängel und Geschupse.
Auf niemanden wurde Rücksicht genommen und es galt der Grundsatz " zuerst komme ich ! " Auch wir waren hin und wieder gezwungen mitzudrängeln, sonst würden wir vermutlich heute noch an der Metro in Shanghai stehen und warten bis wir einsteigen dürfen.
Geld spielt eine übergeordnete Rolle in China, Geld bedeutet viel ( zu viel ! ? ) und damit ist ein unglaublicher Konsum und ein abstoßendes Protzen verbunden. Überall herrscht ein enorme Ausmaße annehmender Shooping-Wahn und man muss immer das Neueste und Beste haben, vor allem im Vergleich zur besten Freundin oder des Nachbarn. Für uns - also Marek und mich - ist dieses Verhalten vollkommen unattraktiv und wir können es so gar nicht mit unseren Vorstellungen von einem glücklichen Leben vereinbaren.
Chinesen sind so schrecklich laut, immer wird geschrien oder gebrüllt, in Ruhe etwas genießen oder bewundern sind für sie ein Ding der Unmöglichkeit und wir legen so viel Wert auf Ruhe und Stille. Viele Kampfkünste haben ihren Ursprung doch auch in China, bei denen auch viel Ruhe und Stille gefordert wird - wo ist sie hin ??
Wir suchten vergeblich !
Die Tischsitten sind auch sehr schwer jeden Tag aufs Neue zu ertragen, manchmal verging uns gerade zu der Appetit. Einmal waren wir sogar richtig geschockt, als wir eine hübsch zurechtgemachte junge Dame beobachteten, wie sie geräuschvoll auf den Boden spuckte - wir sind eben so ganz anders.
Ich könnte einen ganzen Aufsatz zu dieser Thematik schreiben, aber das soll genügen, ich denke ich konnte so ein bisschen verdeutlichen, wie sehr uns manche Verhaltensweisen in China aufgestoßen sind. Ihre Denk-und Lebensweise ist uns Westlern so völlig fremd und erschien uns manchmal rüpelhaft. Wir vermissten Rechte, wie Meinungsfreiheit, Humanität, Umweltschutz, Würde des Einzelnen, und so weiter.
Aufgrund dieser grenzwertigen Erfahrungen und Erlebnisse wurde unsere Reise ins Reich der Mitte zu einer ganz besonderen, die sicherlich immer in unseren Gedanken sein wird.
Deutlich wurde uns vor Augen geführt, wie anders sich der Spruch, andere Länder andere Sitten, in " echt " anfühlt !
Abschließend ist noch zu sagen, dass China ganz schön mächtig ist und es gilt abzuwarten, wie groß der Einflusses dieses Land auf die Welt sein wird, und damit meine ich nicht nur den wirtschaftlichen Aspekt ! Wir sind zunächst einmal sehr happy, das Land hinter uns lassen zu können und freuen uns auf Hanoi !